Frau Arp

Wut darf einfach gehen

Heute bin ich wütend.

Ich bin ein positiver Mensch, bilde mich weiter und lerne. Ich versuche immer, das Beste aus meinem Tag zu machen. Doch manchmal geht das eben nicht – dann ist Zeit zum Fühlen. 

Oft bin ich traurig und erschöpft, weil ich den Alltag so anstrengend finde. An diesem Punkt versuche ich, nur zu fühlen und nicht zu bewerten oder zu hinterfragen. Einfach nur fühlen und diese Gefühle auch zulassen. Das geschieht häufig mit einem heißen Tee und Tränen auf dem Sofa.

Das ist total okay! 

Aber manchmal bin ich nicht in meiner Balance, hinterfrage und bewerte, so wie heute. 

Heute bin ich echt sauer.

Mein Sohn wurde in der Schule sexuell missbraucht. Ja, das ist nicht schön und auch schon Jahre her, aber es hat uns jetzt wieder eingeholt. Nicht, weil er damit Probleme hat. Nein, wir sind einfach nur Menschen von damals begegnet und man hat uns wieder zu verstehen gegeben, dass wir selber daran schuld seien.

Wie bitte? Selber schuld? 

Warum wird das Opfer gemieden, muss sich verteidigen? Warum hat uns getreu der Parole “nicht gesehen, nicht geschehen” keiner von der Schule geholfen? Warum sind wir schuld? 

All diese Fragen waren wieder da und ich bin wütend, fühle mich missverstanden. Als Bärenmama habe ich nicht auf mein Kind aufgepasst. Ich habe dem Ort Schule vertraut – dasselbe Vertrauen, mit dem ich jedem Menschen begegne. Die Offenheit, die mir wichtig ist, wurde mir entgegengeschleudert.

Ich sei ja selber schuld.

NEIN!

Ich bin eine starke Bärenmama und lasse mir meinen schönen Sonnentag nicht durch die Vergangenheit und Bewertung kaputtmachen. Ich weine, trinke Kaffee und dann stehe ich auf. Ich habe den Schmerz gefühlt und kann loslassen. Wir sind so viel mehr als ein Moment in der Vergangenheit, den wir eh nicht ändern können. Es hilft auch nicht, in Gedanken immer wieder durchzuspielen, was man hätte anders machen können. 

Es hilft, im Jetzt zu sein, und jetzt haben wir die tollste Schule der Welt. Jetzt ist mein Sohn so gewachsen und kann mir sagen, was ihn beschäftigt. Jetzt ist die Zeit, zu leben, mit allen Emotionen und immer im Moment – es ist der einzige, den wir haben. Ich danke euch fürs Lesen meiner Wut und lade euch auf einen Kaffee oder Tee ein. Genießt den Moment, auch wenn um euch herum die Kinder explodieren.

Wir haben nur diesen einen. Machen wir das Beste daraus!

Adoption, FASD, Behinderung, Achtsam, Freude, Liebe