Frau Arp

Partykirche

Was wir erleben, wenn ich mal wieder recht haben.

Ich will dieses Weihnachtsgefühl mit dem schönen Geruch und dem ganzen Getüdel: Kränze binden, Krippe, Weihnachtsoratorium und allem Schnickschnack.

Vor ein paar Jahren wollte ich das mal wieder erleben – klingt schon falsch. Durchsetzen, recht haben. Die Vorstellung musste der Realität entsprechen.
 

Kennt ihr sicher: Man stellt sich etwas so oder so vor und wie wird es dann? Ganz anders!

Inzwischen liebe und lebe ich jeden Moment, wie er sich zeigt. Das macht das Leben dann richtig spannend. 

Aber eben niemals, wie erwartet.

Zurück zu “ich setze meinen Willen durch und will das Erwartete”. Ich will Heiligabend in den Gottesdienst.

Mein Herzensmensch findet die Idee schon anstrengend, der Supermann ist nicht begeistert, aber ich will das jetzt.

Zuerst sind wir in der falschen Kirche. Dann kommen wir in die richtige, aber es gibt nur noch mitten in der letzten Reihe drei Plätze nebeneinander. Es ist brechend voll. Wir sitzen ganz hinten und werden aus der Reihe auch nie wieder rauskommen.

Mein Herzensmensch findet Kirche doof und die Situation echt nicht gut. Lauter Menschen hübsch verpackt in Weihnachtsoutfits. Sie haben Tourette und gestörte Impulskontrolle sicher noch nicht kennengelernt.

Ich merke, wie der Supermann schon beim Hinsetzen nervös wird. Zu viele Menschen, keiner weiß, was als nächstes passiert und dann: “Mama, ich habe Hunger.” Da hat FASD die Superkraft, Bedürfnisse nicht aushalten zu können. Von null auf hundert ist der Supermann in “ich muss jetzt was essen!” Er wird hibbelig und man merkt aufsteigende Aggression.

Diese Situation ist für ihn maximal anstrengend. Viele Menschen in einem Raum, viele Gerüche und sehr viel Gefühl, das uns von der Kanzel entgegengesprochen wird. Echt tragend. Einfach zu viel, um es auszuhalten. Er wird laut und ungehalten. Wir müssen handeln.

Ich komme endlich wieder in mein schönstes Ich, wo ich Mamabär bin und für meinen Sohn die Welt auf links drehe. Wie Bear Grylls sprinten wir aus dem Notausgang und klettern über den Zaun. Wir lachen und fühlen uns wie Superhelden, die einfach mal eben fliehen, über den Zaun klettern und sich dann schlapplachen.

Wir sind Alltagshelden und finden immer einen Weg. Jetzt nur schnell noch Nahrung finden.

Wusstet ihr, dass McDonald’s an Heiligabend nicht geöffnet hat? Das war doch unsere letzte Rettung für den sehr gestressten Supermann. Plan B? Ich weiß es nicht mehr. Ich glaube, wir haben Pizza geholt.

Ich will tatsächlich Weihnachten nicht mehr in die Kirche, auch ohne Kind nicht. Das System Kirche ist für mich einfach nicht richtig. Lieber hüpfe ich zu Deutsch-Rap auf dem Sofa und freue mich über Angelhaken am Tannenbaum. 

Wann geht ihr neue Wege? Wann ist das klassische Konzept nichts für euch? Wo findet ihr einen Weg, der für euch geht?

FASD, ADHS, Autismus, Migräne, Ruhe, Achtsam